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2.2 Kraft

2.2.1. Kraftbegriff

Der Begriff der Kraft ist anschaulich leicht verständlich, z.B. durch die Muskelkraft, die wenn sie an einen Körper angreift diesen in Bewegung versetzen kann.

Eine Kraft (die Schwerkraft) ist allgegenwärtig. Um z.B. ein Buch in der Schwebe zu halten muss der Mensch Muskelkraft aufbringen, die der Schwerkraft entgegengesetzt ist und diese genau kompensiert. Man spricht von einem statischen Gleichgewicht :

Kraft + Gegenkraft = 0

Wenn das Buch auf einem Tisch liegt, wird diese Gegenkraft vom Tisch aufgebracht - der Tisch verformt sich hierdurch (kaum merklich).

Kräfte im Alltag sind meistens Kräfte die unmittelbar durch Kontakt übertragen werden. Die eigentliche Ursache dieser Kräfte sind Kräfte zwischen den mikroskopischen Bestandteilen der Körper, meist elektromagnetische Abstoßung oder Anziehung.

Die fundamentalen Kräfte zwischen den mikroskopischen Bestandteilen der Materie werden nicht durch Kontakt übertragen sondern wirken durch den leeren Raum hindurch: Fernwirkung . Die fundamentalen Kräfte sind

  • die Gravitationskraft (zwischen Massen)
  • die elektromagnetische Kraft (zwischen elektrischen Ladungen)
  • die schwache Wechselwirkung (z.B. wichtig beim Brennen der Sonne)
  • die starke Wechselwirkung (hält z.B. die Protonen und Neutronen in Atomkernen zusammen)

Kräfte sind die Ursache für die Änderung des Bewegungszustandes eines Körpers. Kennt man die Kräfte, die auf einen beliebigen Körper zu jeder Zeit wirken, kann man die Bahnkurve des Körpers berechnen, d.h. man kann vorhersagen, was mit dem Körper geschehen wird.

2.2.2. Newton'sche Axiome

Newton hat den Zusammenhang zwischen wirkenden Kräften und der Bewegung von Körpern in drei Axiomen formuliert:

1. Axiom (Trägheit)

Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder gleichförmigen Bewegung, solange keine Kraft auf ihn wirkt

Versuch: Trägheit (Bleistift), Video (Crash)

2. Axiom (Newtonsches Grundgesetz)

Kraft ist die Ursache für Beschleunigung. Die Größe der Beschleunigung bei gleicher Kraft ist umgekehrt proportional zu seiner Masse - d.h. ein Körper doppelter Masse erfährt bei gleicher Kraft nur die halbe Beschleunigung:

Kraft = Masse * Beschleunigung

 F = m \,\, a

Die Kraft ist eine gerichtete Größe (ein Vektor). Die erzeugte Beschleunigung zeigt in die gleiche Richtung, wie die hervorrufende Kraft.

Aus  F = m a erkennen wir die Einheit der Kraft: 1 Newton = 1 N = 1 \frac{\mathrm{kg}\, \mathrm{m}}{\mathrm{s}^2}

Versuch: Fahrbahn, variiere Masse und Kraft

3. Axiom ("Actio = Reactio")

Kraft = Gegenkraft

Jede Kraft ruft eine dem Betrag nach gleiche, aber entgegengesetzt gerichtete "Gegenkraft" hervor. Bei fernwirkenden Kräften ist dies einleuchtend, zwei Massen ziehen sich an (z.B. Erde und Mond) und die auf die Erde wirkende Kraft durch die Masse des Mondes ist dem Betrag nach genauso groß,wie die auf den Mond wirkende Kraft durch die Masse der Erde. Die Gravitations-Kraft wird durch das Newtonsche Gravitationsgesetz beschrieben:

 F = G \frac{m_1\,m_2}{r^2}

Dieses Gesetz ist völlig symmetrisch in den Massen m_1 und m_2.

Auch beim freien Fall wirkt nicht nur auf den Stein eine Kraft sondern eine ebensogroße Kraft auf die Erde. Weil die Masse der Erde aber soviel größer ist, ist die resultierende Beschleunigung vernachlässigbar.

Bei direkt angreifenden Kräfte ist ("Actio = Reactio") manchmal weniger offensichtlich. Schön sehen kann man das Prinzip bei zwei Personen die z.B. auf einem Skateboard stehen und an einem Seil ziehen. Egal wer von beiden zieht, sie werden sich beide aufeinander zubewegen, erfahren also beide eine Kraft.

2.2.3. Gewichtskraft

Wir hatten gesehen, dass die Erde alle Körper, unabhängig von ihrer Masse mit der gleichen Erdbeschleunigung  g beschleunigt. Wir wissen jetzt, dass die Ursache für diese Beschleunigung eine Kraft, die Gewichtskraft ist. Aus dem zweiten Newton'schen Axiom wissen wir, dass

 F_{gewicht} = m g
.

Damit können wir z.B. den Fahrbahnversuch jetzt auch quantitativ verstehen:

Das Zuggewicht übt eine Kraft  F = m_{gewicht} g = 50 g \times 9.81 \frac{m}{s^2} \approx 490 N aus. Die Beschleunigung auf den Wagen der Masse m_{Wagen} = 500 g beträgt also

 a = \frac{F}{m} = \frac{490 N}{50 g} \approx 9.8 \frac{m}{s^2} = g \times \frac{m_{Gewicht}}{m_{Wagen}}

Die Ursache der Gewichtskraft ist die Gravitation. Die Gravitation beruht auf der Tatsache, dass zwei Massen immer eine anziehende Kraft aufeinander ausüben. Die Größe dieser Kraft wird durch das Newton'sche Gravitationsgesetz beschrieben:

 F_{gravitation} = G \frac{m_1\,m_2}{r^2}

Dabei sind m_1 und m_2 die sich anziehenden Massen, und r ist der Abstand zwischen ihnen. G ist eine universelle Naturkonstante, die Newton'sche Gravitationskonstante. Sie beträgt

 G \approx 6.7\times 10^{-11} \frac{N\,m^2}{kg^2} \]

Die Erdmasse beträgt M_{Erde} \approx 5.98 \times 10^{24} kg, der Erdradius beträgt (wir können uns die gesamte Erdmasse im Mittelpunkt vereinigt vorstellen) r = 6.38 \times 10^{6}  m . Damit ist die Beschleunigung  g auf einen Körper der Masse  m

 g = \frac{F}{m} = G \frac{M}{r^2} = \frac{6.7\times 10^{-11} \frac{N\,m^2}{kg^2} \, \, 5.98 \times 10^{24} kg}{ (6.38 \times 10^{6}  m)^2} \approx 9.84 \frac{m}{s^2}

Für den genauen Wert muss man die Abplattung der Erde an den Polen wegen ihrer Eigenrotation sowie die nicht ganz gleichmäßige Massenverteilung im Innern berücksichtigen.

2.2.4. Kraftmessung

Kräfte werden meist mit einer sog. Federwaage gemessen. Man macht sich hier zunutze, dass die Auslenkung einer Feder proportional zur auslenkenden Kraft ist (Hooke'sches Gesetz). Die Federwaage misst tatsächlich die Kraft und nicht das Gewicht eines Körpers. (Die gleiche Masse würde eine Federwaage auf dem Mond nur etwa 1/6 auslenken).

2.2.5. Statik, Hebel, Drehmoment

Häufig haben wir es mit Situationen zu tun, in denen an ein System von Körpern äußere Kräfte angreifen (Zugkräfte, Gewichtskraft, ...). Die Kräfte werden über starre Verbindungen übertragen und umgelenkt. Häufig fragen wir uns nach Bedingungen an diese Kräfte, so dass sich das Gesamtsystem nicht bewegt, d.h. unter denen sich alle äußeren Kräfte aufheben. Diese Fragen sind Fragen der sog. Statik .

Ein häufig auftretender Fall einer Kraftübertragung ist der Hebel

Ein zweiarmiger Hebel ist dann in Ruhe, wenn die angreifenden Kräfte das Hebelgesetz erfüllen:

Kraft * Kraftarm = Last * Lastarm

Hierbei ist zu beachten, dass nur die senkrecht zum Hebelarm angreifende Komponente der Kraft ein Rolle spielt.

Wenn eine Kraft unter einem beliebigen Winkel \alpha zum Hebelarm angreift, dann ist die wirksame Komponente der Kraft gegeben durch

 F_\perp = F \, \sin{\alpha}

Beispiel: Wenn die Kraft unter einem Winkel von 45^{\circ} angreift, dann ist die wirksame Kraft F_\perp = F\,\sin{45^\circ} = F/\sqrt{2}

Den allgemeinen Fall von vielen in beliebige Richtungen angreifenden Kräften kann man beschreiben mit dem Begriff Drehmoment :

Das Drehmoment M , das eine Kraft F auf einen Hebelarm der Länge r ausübt ist gegen durch

 M = F \, r \, \sin{\alpha}

wobei \alpha der Winkel zwischen Richtung der Kraft und des Hebelarms ist. Fasst man Kraft und Hebelarm als Vektoren auf, so ist das Drehmoment auch ein Vektor und wird durch das sog. Vektorprodukt (Kreuzprodukt) beschrieben:

 \vec{M} = \vec{r} \times \vec{F}

Der Vektor \vec{M} steht senkrecht auf \vec{r} und auf \vec{F} und sein Betrag ist |\vec{M}| = M = F \, r \, \sin{\alpha}. Das statische Gleichgewicht wird erreicht, wenn die Summe aller Drehmomente null ist. Das ist die Verallgemeinerung des Hebelgesetzes.

-- Main.deschPHYSIK.UNI-FREIBURG.DE - 05 May 2006