3.5. Strömung von Flüssigkeiten
Transport von Flüssigkeiten wichtiges Phänomen für biologische Prozesse.
Bei der Strömung von Flüssigkeiten (z.B. durch ein Rohr, einen Schlauch, ein Blutgefäss etc. treten Reibungskräfte auf
- zwischen der Flüssigkeit und der Begrenzung (Adhäsion)
- zwischen den einzelnen Molekülen der Flüssigkeit
Normalerweise sind die Reibungskräfte zwischen den Molekülen die für die Strömung entscheidenden. Man diese Kräfte die
innere Reibung .
Aufgrund der Reibung muss Arbeit verrichtet werden, um eine Flüssigkeit durch ein Rohr strömen zu lassen. Diese Arbeit
wird verrichtet durch eine Druckdifferenz, d.h. durch eine Pumpe.
Wir wollen hier untersuchen, wovon die Eigenschaften einer Strömung (Geschwindigkeit, Druckverhältnisse) abhängen.
Die Materialeigenschaft, die zu großen Teilen die Strömungseigenschaften einer Flüssigkeit bestimmt nennt man
Zähigkeit oder
Viskosität .
3.5.1. Viskosität
Gedankenexperiment:
- zwei ebene Platten im Abstand
, Fläche
.
- zwischen ihnen befindet sich eine Flüssigkeit
- die untere Platte wird festgehalten, die obere mit einer Kraft
gezogen.
- zunächst wird die Platte beschleunigt, bald bewegt sie sich (wegen der Reibung) mit einer konstanten Geschwindigkeit
- aufgrund der Adhäsion gleitet die oberste Flüssigkeitsschicht ebenfalls mit
, während die Flüssigkeitsschicht an der unteren Platte ruht.
- dazwischen bildet sich ein lineares Geschwindigkeitsprofil aus:
- man stellt fest, dass bei konstanter Kraft
ist.
- die benötigte Kraft ist proportional zur Fläche A, d.h.
Die Proportionalitätskonstante

hängt nur von der Flüssigkeit ab und heist Viskosität:
SI-Einheit:

. 1
Poise ist
Die Viskosität ist bei Flüssigkeiten temperaturabhängig.
Einige Viskositäten (bei 20 Grad Celsius):
Wasser: 1.002 cP
Quecksilber: 1.554 cP
Glycerin: 1480 cP
Blut: 3-4 cP
Temparaturabhängigkeit (für Wasser):

: 1.792 cP

: 1.002 cP

: 0.335 cP
(bei Gasen nimmt die Viskosität mit steigender Temperatur zu).
3.5.2. Stoke'sche Formel
Auf eine Kugel mit Radius r, die sich durch eine viskose Flüssigkeit mit der Geschwindigkeit

bewegt wirkt eine Reibungskraft
Lässt man eine Kugel in einem Gefäß sinken so erreicht die Kugel nach lurzer Zeit eine konstante Sinkgeschwindigkeit, dann wenn die
Reibungskraft gleich der um den Auftrieb reduzierten Gewichtskraft ist:

.
Durch Messung der Sinkgeschwindigkeit lässt sich also die Viskosität bestimmen (Kugelfallviskosimeter).
3.5.3. Laminare Strömung durch eine Röhre
Begriffe:
Stromstärke (Volumenstromstärke) I: Volumen V, das pro Zeit t durch die Röhre fließt:
Strömungswiderstand R: Druckdifferenz

, die nötig ist, um eine Stromstärke I zu erreichen
Wenn R von

unabhängig ist, heißt die Flüssigkeit
newton'sch .
(Dann gilt

in Analogie zum Ohm'schen Gesetz für den elektrischen Widerstand).
Für Strömungswiderstände gelten die sog. Kirchhoffschen Gesetze:
- Knotenregel: an einer Verzweigung müssen ein- und auslaufende Ströme gleich groß sein (Flüssigkeit kann nicht verloren gehen, "Kontinuitätsgleichung")
- Maschenregel: über eine geschlossene Masche ist die Summe der Druckdifferenzen (Spannungen) null
Daraus ergeben sich folgende Zusammenhänge für Serien- und Parallelschaltung von Strömungswiderständen:
In Serie (hintereinander) geschaltete Strömungswiderstände addieren sich:
Parallel geschaltete Strömungswiderstände addieren sich
reziprok :
Geschwindigkeitsprofil einer strömenden Flüssigkeit in einem Rohr:
Um auszurechnen, wieviel Flüssigkeit pro Zeit durch ein solches Rohr fließt, müssen wir die Gleichung für die Strömungsgeschwindigkeit
über r integrieren. Als Ergebnis erhält man das
Gesetz von Hagen und Poiseuille :
Es gibt die Volumenstromstärke einer Flüssigkeit mit Viskosität

durch ein Rohr der Länge l mit Radius R bei einer Druckdifferenz

an. Man beachte die starke Abhängkeit vom Radius (mit der vierten Potenz!).
Halbiert man den Radius, so braucht man die 16-fache Druckdifferenz, um die gleiche Flüssigkeitsmenge pro Zeit zu transportieren.
(Deshalb sind Ärzte so besorgt, wenn sich der Radius von Gefässen z.B. durch Kalkablagerung auch nur geringfügig ändert)
Das Hagen-Poisseuille-Gesetz gilt nur für sogennate
laminare Strömung . Die laminare Strömung ist frei von
Turbulenzen und Wirbeln . Ob eine Strömung laminar oder turbulent ist hängt von der Strömungsgeschwindigkeit ab.
Bei kleinen Geschwindigkeiten sind Strömungen laminar.
Beispiel:
Hauptarterie des Menschen: Durchmesser ~2cm, transportiert 6 Liter Blut / Minute
Mittlere Strömungsgeschwindigkeit:

.
Die Mittlere Geschwindigkeit ist also
Wie groß muss die Druckdifferenz sein um dieses Volumen durch ein 1m Hauptschlagader zu befördern (für

):

.
Um die gleiche Menge durch 4 (parallele) Gefäße mit r=0.5 cm (insgesamt gleiche Querschnittsfläche wie vorher) zu transportieren:
Durch jedes Gefäß muss 1/4 des Stroms. Druckdifferenz: proportional I (Faktor 1/4) und 1/

(Faktor

= 16)

%$\Delta p = 24 mmHg !