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2.1 Bewegung, Bahnkurve, Geschwindigkeit, Beschleunigung

2.1.1 Koordinatensysteme

Um die Bewegung eines Körpers in Raum und Zeit beschreiben zu können, müssen wir eine Möglichkeit, seinen Aufenthaltsort zu jedem Zeitpunkt mathematisch zu beschreiben. Der Ort wird mit Hilfe eines Koordinatensystems beschrieben.

Ein Punkt im dreidimensionalen Raum kann durch drei Zahlen beschrieben werden (r_x, r_y, r_z). Wir benutzen meistens kartesische Koordinaten , bei denen die drei Koordinatenachsen senkrecht aufeinander stehen und ein Rechtssystem bilden. (Rechtssystem: rechte Hand: Daumen = x, Zeigefinger = y, Mittelfinger = z).

Das Zahlentripel \vec{r} := (r_z, r_y, r_z) bezeichnet man als Vektor . Viele physikalischen Größen, die eine Richtung im Raum haben werden in der Physik durch Vektoren beschrieben.

vektor_Page_1.jpg

Vektoren kann man addierern und subtrahieren. Es gibt verschiedene Multiplikationsvorschriften.

Vektoraddition \vec{u}=\vec{r}+\vec{s} bedeutet in kartesischen Koordinaten, dass  \vec{s} = (s_x,s_y,s_z) = (r_x+s_x, r_y+s_y, r_z+s_z)
Vektorsubtraktion \vec{u}=\vec{r}-\vec{s} bedeutet in kartesischen Koordinaten, dass  \vec{s} = (s_x,s_y,s_z) = (r_x-s_x, r_y-s_y, r_z-s_z)

Vektoren kann man bequem auch grafisch addieren und subtrahieren:

vektor_Page_2.jpg

Wir werden in dieser Vorlesung nur wo unbedingt nötig mit Vektoren argumentieren, und praktisch nie mit Vektoren rechnen.

2.1.2 Bahnkurve

Um die Bahnkurve eines Körpers zu beschreiben, benötigen wir seinen Ortsvektor, also seinen Aufenthaltsort, als Funktion der Zeit t:

 \vec{r}(t) = (r_x(t), r_y(t), r_z(t))

bewegung_Page_1.jpg

2.1.3 Weg-Zeit-Diagramm

Wenn wir uns auf Bewegungen beschränken, bei denen sich die Bewegungsrichtung nicht ändert, können wir die Position des Körpers zu jeder Zeit mit einer Größe s(t) beschreiben. Misst man zu verschiedenen Zeiten den Ort, so kann man ein Weg-Zeit-Diagramm zeichnen:

bewegung_Page_2.jpg

2.1.4 Geschwindigkeit

Die Geschwindigkeit v eines Körpers ist definiert als der Quotient aus zurückgelegter Strecke \Delta s und der hierfür benötigten Zeit \Delta t:

 v = \frac{\Delta s}{\Delta t}

Dies gilt zunächst nur, wenn sich die Geschwindigkeit während der Zeit \Delta t nicht ändert. Ein konstante Geschwindigkeit ergibt im Weg-Zeit-Diagramm eine Gerade: s(t) = s_0 + vt (Kurve 2). Hier ist  s_0 der Ort zur Zeit  t=0 . Die Geschwindigkeit ergibt sich als die Steigung der Geraden. Wenn v=0, dann ist die Gerade eine Horizontale (Kurve 1); der Körper ruht.

Wenn sich die Geschwindigkeit im Messintervall \Delta t ändert, dann gibt v = \frac{\Delta s}{\Delta t} die Durchschnittsgeschwindigkeit an.

Frage: Wie kann man die Geschwindigkeit allgemein zu einem beliebigen Zeitpunkt definieren?

Überlegung: wenn ich die Messzeit \Delta t immer kleiner werden lasse, dann hat die Geschwindigkeit "immer weniger Möglichkeiten" sich während dieser Zeit zu ändern. So definiert man die Momentangeschwindigkeit:

 v_{momentan} = \lim_{\Delta t\rightarrow 0} \frac{s_1 - s_0}{t_1 - t_0} = \frac{ds}{dt}
Grafisch kann man die Momentangeschwindigkeit als Steigund der Tangente an die Bahnkurve im Weg-Zeit-Diagramm erhalten.

Beispiele

1. Ein Auto fährt mit konstanter Geschwindigkeit von 36 km/h. Wie weit kommt es in 40 Sekunden?

 v = 36 \frac{km}{h} = 36 * \frac{1000 m}{3600 s} = 10 \frac{m}{s} . Die zurückgelegte Strecke ist s = vt = 10 \frac{m}{s} \times 40 s = 400 m

2. Ein (sehr guter) Langstreckenläufer beendet einen Marathon (42.195 km) in 2 Stunden 13 Minuten 43 Sekunden. Wie groß war seine Durchschnittsgeschwindigkeit?

 v = \frac{s}{t} = \frac{42.195 km}{2h 13m 43s} = \frac{42.195 km}{2\times 3600s + 13\times 60s + 43s} = \frac{42.195 km}{(7200+780+43)s}  = \frac{42195m}{8123s} \approx 5.2 m/s \approx 18.7 km/h

3. Ein Rennwagen fahre zur Zeit  t=0s los, in den ersten zehn Sekunden nehme die Geschwindigkeit konstant zu, nämlich  v(t) = 10 \frac{m}{s^2}\, t

a) Wie groß ist die Geschwindigkeit nach 10 Sekunden?  v(t=10s) = 10 \frac{m}{s^2} \, \times 10 s = 100 \frac{m}{s} = 360 {km}{h}

b) Wie weit ist der Rennwagen nach 10 Sekunden gefahren?

Hier muss man aufpassen! Für eine konstante Geschwindigkeit ist die zurückgelegte Strecke  s = v t . Hier ist die Geschwindigkeit aber nicht konstant. Deshalb muss bei der Berechnung der Strecke das Integral der Funktion  v(t) bilden:

 s(t) = \int_{t=0}^{t=10 s} v(t)\, dt = 10 \frac{m}{s^2} [\frac{1}{2} t^2 ]_{t=0s}^{t=10s} = 10 \frac{m}{s^2} (0.5\,100 s^2) = 500 m

2.1.5 Beschleunigung

Eine Änderung der Geschwindigkeit eines Körpers geht immer mit einer Beschleunigung einher.

Die Beschleunigung \vec{a}ist definiert als die Geschwindigkeitsänderung \Delta \vec{v} dividiert durch die dafür benötigte Zeit \Delta t.

Die Einheit der Beschleunigung ist \frac{m}{s^2}. Wie der Ort und die Geschwindigkeit ist die Beschleunigung ein Vektor, d.h. sie hat einen Betrag  a = |\vec{a}| und eine Richtung. Bei Beschleunigung, die parallel (oder anti-parallel) zur Richtung der Geschwindigkeit sind, reicht es, mit dem Betrag (und Vorzeichen) a zu rechnen.

Die momentane Beschleunigung ist definiert als Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit, bzw. als zweite Ableitung der Ortes nach der Zeit:

 a = \frac{dv}{dt} = \frac{d^2s}{dt^2} = \frac{d}{dt} (\frac{ds}{dt})

Auch wenn die Geschwindigkeit sich dem Betrag nach nicht ändert, sondern nur die Richtung der Geschwindigkeit (z.B. bei einer Kreisbewegung) liegt eine Beschleunigung vor. Die Richtung der Beschleunigung ergibt sich dann als die Richtung der Differenz der Geschwindigkeitsvektoren nach und vor der Beschleunigung.

2.1.6 Gleichförmig beschleunigte Bewegung

Ein wichtiger Fall ist die gleichförmig beschleunigte Bewegung . Hier ist die Richtung und der Betrag der Beschleunigung konstant. Beispiel ist ist der freie Fall durch die Erdbeschleunigung. Bei einer gleichförmig beschleunigten Bewegung ändert sich die Geschwindigkeit linear mit der Zeit:

 v(t) = at
Wenn der betrachtete Körper zur Zeit  t=0 bereits eine Geschwindigkeit hatte (v_0), dann erhalten wir:
 v(t) = v_0 + at
Dies nennt man das Geschwindigkeits-Zeit-Gesetz.

Wo befindet sich ein gleichförmig beschleunigter Körper nach einer Zeit t ?

Wir hatten gesehen, dass man für eine beliebige Geschwindigkeitsfunktion die zurückgelegte Strecke als Integral der Geschwindikeit über die Zeit erhält. In unserem Fall ist also

s(t)=\int_{t'=0}^{t'=t}v(t)dt=\int_{t'=0}^{t'=t}(v_0+at)dt=s_0+v_0t+\frac{1}{2}at^2

s_0 ist hier der Ort des Körpers zur Zeit t = 0.

Versuch: Fahrbahn

Beispiel:

Freier Fall eines Steines von einem Turm der Höhe s=7m. Nach welcher Zeit schlägt der Stein auf? Wir vernachlässigen beim freien Fall die Luftreibung. Nach der Zeit t hat der Stein  s = 7m zurückgelegt. Während der Fallzeit unterleigt der Stein der konstanten Erdbeschleunigung a = g \approx 9.81 \frac{m}{s^2}. Wenn er vor dem Fall ruht ( v_0 = 0 ) und wir seinen Ort in unserem Koordnatensystem mit s_0 = 0 m bezeichnen, dann gilt

 s(t) = \frac{1}{2} g t^2
Das können wir nach t auflösen:
 t^2 = \frac{2s}{a}
 t = \sqrt{\frac{2s}{a}
Einsetzen:
 t = \sqrt{\frac{2 \times 7m}{9.81 \frac{m}{s^2}}} = \sqrt{\frac{2\times 7 m \, s^2}{9.81 m}} \approx 1.19 s
Die Geschwindigkeit beträgt beim Aufschlag:
 v = at \approx 9.81 \frac{m}{s^2} \times 1.19 s \approx 11.7 \frac{m}{s} \approx 42.2 \frac{km}{h}

2.1.7. Die Erdbeschleunigung

Durch die Gravitation wirkt auf alle frei fallenden Körper die Erdbeschleunigung g

Die genaue Größe der Erdbeschleunigung variiert nach Breitengrad und genauem Ort auf der Erde. Bei uns beträgt sie  g \approx 9.81 \frac{m}{s^2}. Der freie Fall ist eine gleichförmig beschleunigte Bewegung mit der Beschleunigung a=g.

Versuch: Fallschnüre

Alle Körper fallen gleich schnell, unabhängig von ihrer Masse und Beschaffenheit. Dies widerspricht manchmal unserer Erfahrung, da z.B. eine Feder langsamer fällt als eine Stahlkugel, was an der unterschiedlichen Reibung liegt. Eliminiert man die Reibung (mit der Luft), indem man die Körper im Vakuum fallen lässt, fallen Feder und Stahlkugel gleich schnell.

Versuch: Freier Fall im Vakuum

Beispiel: horizontaler Wurf

Wir werfen nun den gleichen Stein aus gleicher Höhe vom Turm in horizontale Richtung mit einer Geschwindigkeit v_h = 10 \frac{m}{s} Wie weit vom Turm entfernt wird er am Boden aufschlagen?

Die Bewegungen in horizontaler Richtung (gleichförmige Bewegung) und senkrechter Richtung (beschleunigte Fallbewegung) sind unabhängig.

Die Zeit bis zum Aufschlag ist wie beim freien Fall

 t = \sqrt{\frac{2 \times 7m}{9.81 \frac{m}{s^2}}} = \sqrt{\frac{2\times 7 m \, s^2}{9.81 m}} \approx 1.19 s

In horizontaler Richtung wird sich der Stein in dieser Zeit s_h = v_h t = 10 \frac{m}{s} \times 1.19 s = 11.9 m bewegen, er trifft also in 11.9 m Entfernung vom Turm auf.

Versuch: Bestimmung der Erdbeschleunigung

Wir messen die Zeit, die eine Kugel benötigt um eine Höhe von 10 m zu fallen. Die Erdbeschleunigung ergibt sich dann aus

 s = \frac{1}{2} g t^2
 \frac{2s}{t^2} = g

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